Christus kommt zuerst

Aus dem Gemeindegruß April-Juli 2017

Wenn in diesen Tagen Menschen antreten, um ihr Eigenes ganz nach vorne zu bringen, das eigene Land, die eigene Kultur, die eigene Religion oder schlicht sich selbst, dann läuft das einer reformatorischen Grunderkenntnis zuwider: Als Christen verkünden wir gerade nicht uns selbst, sondern Jesus Christus. Wir verlassen uns auf seine Botschaft. Angesichts aller Möglichkeiten dieser Zeit könnte man meinen, wir Menschen könnten tatsächlich alles erreichen. Als Christen wissen wir, dass unser Geist begrenzt ist und dass vieles nicht in unserer Hand ist. Hier ein gutes Leben zu führen, heißt, diese Grenzen ernst zu nehmen und damit die Rahmenbedingungen, die für unser Leben gelten. Und dazu gehört, sich nicht an sich selbst zu orientieren, sondern an Jesus Christus.
In der Auseinandersetzung mit dem schlimmsten Regime, das die Welt je gesehen hat, mit dem Nationalsozialismus in Deutschland, haben Theologen der Bekennenden Kirche das besonders deutlich herausgearbeitet: Sie widersprachen der Ideologie, die die totale Einordnung forderte. Mit dem Hinweis auf die „Königsherrschaft Christi" wurde alles abgelehnt, was die totale Konzentration auf etwas Anderes forderte.
Vor diesem Hintergrund erweist es sich als theologisch falsch, andere Menschen kategorisch abzulehnen und damit ihren Wert vor Gott zu ignorieren. Den Nächsten (auch als Herausforderung) anzunehmen, dürfte Christi Willen unter uns Menschen am ehesten entsprechen. Mit einer gewissen Lebenserfahrung weiß man, dass zum gegenseitigen Respekt auch der konstruktive Streit und die Diskussion gehört. Denn nur, wenn mir am Anderen etwas liegt, werde ich mich für den richtigen gemeinsamen Weg einsetzen.
Sich auf den selbstgewählten Weg der Liebe Jesu Christi einzulassen, heißt dabei, auf alle Stärkeposen zu verzichten. Als Christ weiß ich, dass die Verbindung zu Jesus Christus so stark ist, dass sie niemand auflösen kann. (vgl. Röm 8).
Das genau gibt mir die Kraft, anderen liebevoll zu begegnen. Die Königsherrschaft Christi heißt, sich auf seine Herrschaft zu verlassen und darauf, dass sie sich von ihm aus durchsetzt. Gerade durch die vermeintliche Ohnmacht.
Zum offenen und respektvollen Umgang miteinander in Christi Sinn gehört es auch, die Strukturen des Respekts, die es in unserer Gesellschaft und in unserer Welt gibt, wertzuschätzen. Nicht weil sie so bequem sind, sondern weil sie dem Umgang von uns Christen untereinander und mit anderen entsprechen. Rechtliche Sicherheit mit dem Streben nach Gerechtigkeit, also gleiche Rechte für alle, sind ein wichtiger Baustein. Ebenso Wahlen und die Möglichkeit, Dinge zu beeinflussen. Oft geht das nicht in großen, sondern in kleinen Schritten. Aber auch der König Jesus Christus hat nicht nur große Reden gehalten, sondern sich auf den einzelnen Menschen eingelassen und so Gottes Zuwendung verkündet.
Dass Menschen in unserer Welt zum Teil auf üble Weise vom breiten rechten Weg abkommen, ist Realität. Das aber stellt eben nicht die Herrschaft Christi und seiner Liebe in Frage, sondern macht sie umso deutlicher. Ja, es gibt schlechte Entscheidungen. Aber niemand ist gezwungen, sich schlecht zu entscheiden. Wir dürfen uns auf Jesus Christus verlassen. Auf ihn allein.
PM
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